Symptome
Das klinische Bild ist abhängig vom sexuellen Entwicklungsstand zum Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens des Hormonmangels. In diesem Zusammenhang wird zwischen angeborenem HH und erworbenem HH unterschieden, der Personen betrifft, deren körperliche Entwicklung bereits abgeschlossen ist.
Kinder, die mit HH geboren werden, sind phänotypisch meist unauffällig. Bei männlichen Neugeborenen können unter Umständen Kryptorchismus und vermindertes Wachstum der Hoden sowie ein Mikropenis beobachtet werden. Symptomatisch wird die Erkrankung oft erst in der Pubertät und Betroffene zeigen eine verzögerte Entwicklung bezüglich primärer und sekundärer Geschlechtsmerkmale. Das Wachstum von Penis und Hoden bzw. Klitoris, Schamlippen und der weiblichen Brüste setzt verspätet ein, und das gilt auch für den pubertären Wachstumsschub. Betroffene Jungen nehmen einen eunuchoiden Habitus an, der sich durch eine relativ kurze Statur bei ausgeprägtem Längenwachstum der Gliedmaßen kennzeichnet [1]. Sie haben oft eine recht hohe Stimme, leiden unter verminderter Libido und Impotenz. Mädchen werden häufig mit primärer Amenorrhoe vorstellig [2]. Die Körperbehaarung von HH-Patienten ist eher spärlich.
Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass HH auf Gendefekten beruhen kann, die mit weiteren endokrinologischen Störungen einhergehen. Patienten mit Kallmann-Syndrom beispielsweise leiden an HH und Anosmie [3] [4]. Auch im Rahmen von Syndromen wie Klinefelter-Syndrom, Turner-Syndrom und Prader-Willi-Syndrom kann HH auftreten [5].
Symptome eines erworbenen HH sind reduzierte Libido und Impotenz bzw. Infertilität, progressiver Verlust der Körperbehaarung, Gynäkomastie, Übergewicht und Hitzewallungen [1].
Diagnostik
Mit Hilfe der bildgebenden Diagnostik kann ein Verdacht auf HH untermauert werden: Bei Mädchen lässt sich sonographisch eine verzögerte Entwicklung von Uterus und Ovarien feststellen, und bei beiden Geschlechtern ist im Röntgen ein reduziertes Knochenalter erkennbar.
Zur Differenzialdiagnostik von HH und hypergonadotropem Hypogonadismus ist eine Bestimmung der Serumkonzentrationen von Gonadotropinen und Sexualhormonen erforderlich. Typisch für HH sind reduzierte Konzentrationen beider Gonadotropine sowie niedrige Spiegel an Testosteron oder Östradiol [6]. Blutproben zur Bestimmung der Hormonkonzentrationen sollten morgens genommen werden, da die Werte hier physiologischerweise am höchsten sind.
Ist die Diagnose HH gestellt, sollte die Ursache dieser Kondition ermittelt werden. Die Serumkonzentration von Gonadoliberin ist aufgrund der kurzen Halbwertszeit des Hormons wenig aussagekräftig und lässt keine Rückschlüsse darauf zu, ob die Krankheit durch eine hypophysäre Läsion oder pathologische Alterationen des Hypothalamus verursacht ist [7]. Zur Unterscheidung dieser beiden Ätiologien kann ein Stimulationstest durchgeführt werden, in dem Gonadoliberin intravenös in unterschiedlich hoher Dosis verabreicht wird, um Pulse zu vermitteln: Ein Anstieg der Konzentrationen der Gonadotropine weist dabei auf eine hypothalamische Störung hin; bleibt der Anstieg jedoch aus, so zeigt das ein hypophysäres Leiden an [8].
Im Fall angeborenen HH gehören hierzu molekularbiologische Untersuchungen, zudem sollte mittels Computertomographie oder Magnetresonanztomographie der Zustand von Hypophyse und Hypothalamus beurteilt werden [9] [10].
Therapie
Die Behandlung des hypogonadotropen Hypogonadismus zielt darauf ab, die fehlenden Hormone zu ersetzen und die Symptome zu lindern. Bei Männern wird häufig eine Testosteronersatztherapie eingesetzt, während Frauen Östrogen- und Progesteronpräparate erhalten können. In einigen Fällen kann eine Behandlung mit gonadotropen Hormonen erforderlich sein, um die Fruchtbarkeit wiederherzustellen. Die Therapie sollte individuell angepasst werden und erfordert regelmäßige ärztliche Überwachung.
Prognose
Die Prognose für Patienten mit hypogonadotropem Hypogonadismus hängt von der Ursache und der rechtzeitigen Behandlung ab. Bei adäquater Therapie können viele Patienten ein normales Leben führen und ihre Fruchtbarkeit wiedererlangen. Unbehandelt kann die Erkrankung jedoch zu langfristigen gesundheitlichen Problemen wie Osteoporose und kardiovaskulären Erkrankungen führen.
Ätiologie
Hypogonadotroper Hypogonadismus kann durch genetische Faktoren, strukturelle Anomalien im Gehirn, Tumore, Infektionen oder Traumata verursacht werden. Einige Fälle sind idiopathisch, was bedeutet, dass die genaue Ursache unbekannt ist. Genetische Syndrome wie das Kallmann-Syndrom sind bekannte Ursachen, bei denen zusätzlich ein Verlust des Geruchssinns auftreten kann.
Epidemiologie
Die Prävalenz des hypogonadotropen Hypogonadismus variiert weltweit. Es handelt sich um eine relativ seltene Erkrankung, die sowohl Männer als auch Frauen betreffen kann. Genetische Formen der Erkrankung sind oft schon bei der Geburt vorhanden, während erworbene Formen im Laufe des Lebens auftreten können.
Pathophysiologie
Die Pathophysiologie des hypogonadotropen Hypogonadismus beruht auf einer Störung der hormonellen Signalkette zwischen dem Hypothalamus, der Hypophyse und den Gonaden. Ein Mangel an Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) aus dem Hypothalamus führt zu einer verminderten Freisetzung von LH und FSH aus der Hypophyse, was wiederum die Funktion der Gonaden beeinträchtigt.
Prävention
Da viele Ursachen des hypogonadotropen Hypogonadismus genetisch bedingt oder nicht vermeidbar sind, gibt es keine spezifischen Präventionsmaßnahmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind jedoch entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Zusammenfassung
Hypogonadotroper Hypogonadismus ist eine hormonelle Störung, die zu einer unzureichenden Funktion der Geschlechtsdrüsen führt. Die Erkrankung kann genetische oder erworbene Ursachen haben und betrifft sowohl Männer als auch Frauen. Eine frühzeitige Diagnose und individuelle Therapie sind entscheidend, um die Symptome zu lindern und die Fruchtbarkeit wiederherzustellen.
Patientenhinweise
Patienten mit Verdacht auf hypogonadotropen Hypogonadismus sollten sich einer gründlichen medizinischen Untersuchung unterziehen. Eine enge Zusammenarbeit mit einem Endokrinologen kann helfen, die richtige Diagnose zu stellen und eine geeignete Therapie zu planen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind wichtig, um den Behandlungserfolg zu überwachen und mögliche Nebenwirkungen zu erkennen.
Quellen
- Fraietta R, Zylberstejn DS, Esteves SC. Hypogonadotropic hypogonadism revisited. Clinics (Sao Paulo). 2013; 68 Suppl 1:81-88.
- Bry-Gauillard H, Trabado S, Bouligand J, et al. Congenital hypogonadotropic hypogonadism in females: clinical spectrum, evaluation and genetics. Ann Endocrinol (Paris). 2010; 71(3):158-162.
- Hefner J, Csef H, Seufert J. [Kallmann syndrome--a form of hypogonadotropic hypogonadism]. Dtsch Med Wochenschr. 2009; 134(22):1157-1160.
- Kaplan JD, Bernstein JA, Kwan A, Hudgins L. Clues to an early diagnosis of Kallmann syndrome. Am J Med Genet A. 2010; 152a(11):2796-2801.
- Viswanathan V, Eugster EA. Etiology and treatment of hypogonadism in adolescents. Pediatr Clin North Am. 2011; 58(5):1181-1200, x.
- Darby E, Anawalt BD. Male hypogonadism : an update on diagnosis and treatment. Treat Endocrinol. 2005; 4(5):293-309.
- Hayes F, Dwyer A, Pitteloud N. Hypogonadotropic Hypogonadism (Hh) and Gonadotropin Therapy. In: De Groot LJ, Chrousos G, Dungan K, et al., eds. Endotext. South Dartmouth (MA): MDText.com, Inc.; 2000.
- Delemarre-van de Waal HA. Application of gonadotropin releasing hormone in hypogonadotropic hypogonadism--diagnostic and therapeutic aspects. Eur J Endocrinol. 2004; 151 Suppl 3:U89-94.
- Sievers C, Schneider HJ, Stalla GK. [The genetics of hypogonadotropic hypogonadism in the male]. MMW Fortschr Med. 2005; 147(45):32-34, 36.
- Famini P, Maya MM, Melmed S. Pituitary magnetic resonance imaging for sellar and parasellar masses: ten-year experience in 2598 patients. J Clin Endocrinol Metab. 2011; 96(6):1633-1641.