Symptome
Der Nervus medianus verläuft auf der Palmarseite des Handgelenks, versorgt den Bereich um Daumen, Zeige- und Mittelfinger und die Hälfte des Ringfingers sensorisch und zusätzlich Daumen- und Fingerbeuger sowie die Thenarmuskulatur motorisch [1]. Wird der Nervus medianus nun im Rahmen eines Karpaltunnelsyndroms komprimiert, kommt es zu neuropathischem Schmerz am Ort der Kompression und neurologischen Defiziten entsprechend dem zuvor beschriebenen Versorgungsgebiet des Nerven [2].
Parästhesien wie Kribbeln, Brennen und Taubheit treten häufig auf und werden oft besonders nachts wahrgenommen. Eine Exazerbation der Symptome einschließlich des neuropathischen Schmerzes kann aber auch durch den Gebrauch der Hand, des Daumens, Zeige- und Mittelfingers induziert werden, da bei bestimmten Bewegungen die Kompression des Nerven verstärkt wird [3]. Viele Patienten berichten über eine solche Entwicklung, wenn sie lange Zeit vibrierende Gegenstände in der Hand halten oder Tastatur und Maus benutzen. Bei fortschreitender Neuropathie werden die sensorischen Ausfälle immer schwerwiegender, bis beispielsweise das Temperaturempfinden im Versorgungsgebiet des Nervus medianus vollkommen verloren geht.
Wenn Betroffene berichten, dass ihnen wiederholt Dinge aus der Hand gleiten, dann liegt das an einer verminderten Griffstärke, die wiederum auf den motorischen Folgen der Neuropathie beruht. Patienten, die an einem Karpaltunnelsyndrom leiden, können die Hand nicht zur Faust schließen, weil sie Daumen, Zeige- und Mittelfinger nicht zu beugen vermögen. Langfristig kommt es zur Atrophie der vom Nervus medianus nicht mehr adäquat versorgten Muskeln.
Diagnostik
Die Diagnose des Karpaltunnelsyndroms erfolgt hauptsächlich anhand des klinischen Bildes. Sensorik und Motorik im Versorgungsgebiet des Nervus medianus werden dazu in verschiedenen Tests geprüft [2]:
- Hoffmann-Tinel-Test: Das Beklopfen der Haut, die vom Nervus medianus sensibel innerviert wird, verursacht beim Patienten mit Karpaltunnelsyndrom Parästhesien. Man spricht diesbezüglich auch von einem positiven Hoffmann-Tinel-Zeichen.
- Phalen-Test: Das Handgelenk wird etwa eine Minute lang maximal gebeugt, was die Kompression des Nervus medianus im Karpaltunnel verstärkt, und ebenfalls Parästhesien hervorruft. Analog zum Hoffmann-Tinel-Zeichen wird hier vom Phalen-Zeichen gesprochen.
- Ähnlich läuft der Karpaltunnelkompressionstest ab, nur dass hier direkt Druck auf den Karpaltunnel ausgeübt wird. Ein positives Resultat besteht in der Induktion und/oder Exazerbation aller Symptome.
Weitere Maßnahmen sind erforderlich, um die Ursache des Karpaltunnelsyndroms zu identifizieren [1]. So können beispielsweise Umfangsvermehrungen den Karpaltunnel einengen. Sie lassen sich mit Hilfe der bildgebenden Diagnostik, allen voran Sonografie [4], Computer- und Magnetresonanztomografie [5], darstellen. Darüber hinaus können zur Abklärung der Neuropathie elektrophysiologische Untersuchungen wie Studien zur Nervenleitgeschwindigkeit angestellt werden [6].
Therapie
Die Behandlung des Karpaltunnelsyndroms kann konservativ oder operativ sein:
- Konservative Therapie: Ruhigstellung des Handgelenks mit einer Schiene, entzündungshemmende Medikamente, Physiotherapie und Ergotherapie.
- Injektionen: Kortikosteroid-Injektionen zur Reduzierung der Entzündung.
- Operative Therapie: Bei schweren oder anhaltenden Fällen kann eine Operation zur Entlastung des Nervs erforderlich sein.
Prognose
Die Prognose des Karpaltunnelsyndroms ist in der Regel gut, insbesondere wenn die Behandlung frühzeitig beginnt. Viele Patienten erfahren eine deutliche Verbesserung der Symptome nach konservativer Behandlung oder Operation. In einigen Fällen kann es jedoch zu bleibenden Nervenschäden kommen, wenn die Behandlung verzögert wird.
Ätiologie
Die genaue Ursache des Karpaltunnelsyndroms ist oft unklar, aber mehrere Faktoren können das Risiko erhöhen:
- Wiederholte Handbewegungen: Häufige Nutzung der Hände, z.B. bei der Arbeit am Computer.
- Verletzungen: Frakturen oder Verstauchungen des Handgelenks.
- Erkrankungen: Diabetes, rheumatoide Arthritis oder Schilddrüsenunterfunktion.
- Schwangerschaft: Hormonelle Veränderungen können zu Schwellungen führen.
Epidemiologie
Das Karpaltunnelsyndrom ist eine der häufigsten Nervenkompressionssyndrome. Es tritt häufiger bei Frauen als bei Männern auf und betrifft oft Menschen im mittleren bis höheren Lebensalter. Bestimmte Berufe, die repetitive Handbewegungen erfordern, sind ebenfalls mit einem höheren Risiko verbunden.
Pathophysiologie
Beim Karpaltunnelsyndrom kommt es zu einer Kompression des Medianusnervs im Karpaltunnel. Diese Kompression kann durch Schwellung der Sehnen, Verdickung des Bandes, das den Tunnel überspannt, oder andere strukturelle Veränderungen verursacht werden. Der Druck auf den Nerv führt zu den typischen Symptomen wie Schmerzen und Taubheitsgefühl.
Prävention
Zur Vorbeugung des Karpaltunnelsyndroms können folgende Maßnahmen hilfreich sein:
- Ergonomische Anpassungen: Arbeitsplatzgestaltung zur Vermeidung von übermäßiger Belastung der Handgelenke.
- Regelmäßige Pausen: Bei Tätigkeiten, die wiederholte Handbewegungen erfordern.
- Dehnübungen: Regelmäßige Übungen zur Stärkung und Dehnung der Hand- und Armmuskulatur.
Zusammenfassung
Der Karpaltunnel ist ein enger Kanal an der Palmarseite des Handgelenks, durch den die Beugesehnen und der Nervus medianus passieren. Die Kompression des Nervus medianus an dieser Stelle führt zum Karpaltunnelsyndrom. Es zählt zu den häufigsten peripheren Neuropathien und ist durch Schmerzen und Parästhesien im Versorgungsgebiet des Nervus medianus gekennzeichnet.
Patientenhinweise
Wenn Sie Symptome des Karpaltunnelsyndroms bemerken, ist es wichtig, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Achten Sie auf ergonomische Arbeitsbedingungen und machen Sie regelmäßig Pausen, um Ihre Hände zu entlasten. Bei anhaltenden Beschwerden sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um eine genaue Diagnose und geeignete Behandlung zu erhalten.
Quellen
- Wipperman J, Goerl K. Carpal Tunnel Syndrome: Diagnosis and Management. Am Fam Physician. 2016; 94(12):993-999.
- Padua L, Coraci D, Erra C, et al. Carpal tunnel syndrome: clinical features, diagnosis, and management. Lancet Neurol. 2016; 15(12):1273-1284.
- Franklin GM, Friedman AS. Work-Related Carpal Tunnel Syndrome: Diagnosis and Treatment Guideline. Phys Med Rehabil Clin N Am. 2015; 26(3):523-537.
- Chen YT, Williams L, Zak MJ, Fredericson M. Review of Ultrasonography in the Diagnosis of Carpal Tunnel Syndrome and a Proposed Scanning Protocol. J Ultrasound Med. 2016; 35(11):2311-2324.
- Onen MR, Kayalar AE, Ilbas EN, Gokcan R, Gulec I, Naderi S. The Role of Wrist Magnetic Resonance Imaging in the Differential Diagnosis of the Carpal Tunnel Syndrome. Turk Neurosurg. 2015; 25(5):701-706.
- Kanatani T, Nagura I, Kurosaka M, Kokubu T, Sumi M. Electrophysiological assessment of carpal tunnel syndrome in elderly patients: one-year follow-up study. J Hand Surg Am. 2014; 39(11):2188-2191.