Symptome
Die Entwicklung der Patienten und die Funktion ihrer Organe wird in schweren Fällen schon frühzeitig durch die Akkumulation von Glykosaminoglykanen in den Lysosomen der jeweiligen Gewebe gestört. Wird die Erkrankung nicht pränatal diagnostiziert, so werden die Betroffenen als Kleinkinder mit groben Gesichtszügen und Missbildungen der Zähne [1], Beugekontrakturen und Gelenkdeformationen, Minderwuchs und Dysostosis multiplex vorstellig [2] [3]. Die skeletalen Anomalien können eine Myelopathie oder ein Karpaltunnelsyndrom provozieren, und gehen oft mit chronischen Schmerzen einher. In der klinischen Untersuchung kann meist eine Hepatomegalie festgestellt werden. Charakteristisch sind weiterhin eine Hornhauttrübung und rekurrente Infektionen der Ohren und Atemwege. Die meisten Patienten leiden unter einem progredienten Verlust ihres Seh- und Hörvermögens. Die genannten Symptome werden von einer zunehmenden Verschlechterung der Herz- und Lungenfunktion begleitet, was meist im zweiten Lebensjahrzehnt zum Tod führt.
In leichteren Fällen kann sich die Manifestation der Erkrankung um mehrere Jahre verzögern. Obwohl die Krankheit dann meist auch weniger schnell fortschreitet, existieren Fallberichte zu einer rapiden Verschlechterung bei Erstmanifestation im Erwachsenenalter [4]. Die Lebenserwartung ist gegenüber der oben beschriebenen, schweren Form signifikant erhöht. Dennoch ist die Morbidität hoch und psychiatrische Folgeerkrankungen wie Depression treten bei Betroffenen gehäuft auf [5].
Diagnostik
Wird anhand des klinischen Bildes die Verdachtsdiagnose MLS gestellt, sind zunächst Urinuntersuchungen angezeigt. MLS-Patienten scheiden erhöhte Mengen an Dermatansulfat aus. Um dies zu zeigen, wird zunächst ein hoher Glykosaminoglykangehalt im Urin nachgewiesen (spektrofotometrisch, Referenzbereich 0,9 bis 5,5 mg/mmol Kreatinin) und im Anschluss eine qualitative Analyse vorgenommen (chromotographisch) [3]. Weiterhin muss eine verminderte Aktivität der N-Acetylgalaktosamin-4-Sulfatase nachgewiesen werden. Entsprechende Analysen können in getrocknetem Blut, in Leukozyten und in aus Hautbiopsieproben angezüchteten Fibroblasten realisiert werden [6]. Dieselben Assays sollten auch ausgeführt werden, um die Aktivität anderer Sulfatasen zu messen und so eine multiple Sulfatasedefizienz zu erkennen bzw. auszuschließen [7]. Schließlich können molekularbiologische Studien angestellt werden, um den kausalen Gendefekt zu identfizieren [8] [9].
Ein multidisziplinärer Ansatz ist erforderlich, um das Ausmaß der Erkrankung im konkreten Fall beurteilen zu können. Der Patient muss gründlich neurologisch, ophthalmologisch, kardiologisch, pneumologisch und orthopädisch untersucht werden. Als Verlaufsuntersuchungen werden derartige Studien regelmäßig wiederholt, um das Fortschreiten der Erkrankung beurteilen zu können und möglicherweise die Entscheidung zum Eingriff zu fällen. Einige Aspekte, auf die geachtet werden muss, sollen hier beispielhaft genannt werden:
- Neurologische Defizite beruhen möglicherweise auf einem erhöhten Hirndruck und die Patienten bedürfen dann einer Dekompression.
- Die ophthalmologische Untersuchung sollte eine Fundoskopie einschließen.
- Mittels Echokardiographie lassen sich Herzklappenanomalien darstellen. Sowohl Herzklappenstenosen als auch -insuffizienzen treten bei MLS auf. Außerdem kann sich eine Kardiomyopathie entwickeln.
- Lungenfunktionstests - hauptsächlich spirometrische Messungen - werden ebenso durchgeführt wie unspezifischere Tests zur Belastbarkeit, z.B. der 6-Minuten-Gehtest.
- Der Zustand des Skeletts wird mit Hilfe der bildgebenden Diagnostik beurteilt. Hier kommen Röntgen, Computertomographie und Magnetresonanztomographie zum Einsatz. Atlanto-axiale Subluxationen und kraniozervikale Stenosen werden recht oft diagnostiziert [10].
Therapie
Die Behandlung von MPS VI konzentriert sich auf die Linderung der Symptome und die Verbesserung der Lebensqualität. Eine spezifische Therapieform ist die Enzymersatztherapie (ERT), bei der das fehlende Enzym regelmäßig intravenös verabreicht wird. Diese Behandlung kann das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen und einige Symptome lindern. Weitere Behandlungsansätze umfassen chirurgische Eingriffe zur Korrektur von Skelettanomalien und die Behandlung von Herz- und Atemproblemen.
Prognose
Die Prognose für Patienten mit MPS VI variiert stark und hängt von der Schwere der Erkrankung und dem Zeitpunkt der Diagnose ab. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können die Lebensqualität erheblich verbessern und die Lebenserwartung verlängern. Ohne Behandlung kann die Krankheit jedoch zu schweren gesundheitlichen Komplikationen führen.
Ätiologie
MPS VI wird autosomal-rezessiv vererbt, was bedeutet, dass beide Elternteile Träger einer mutierten Kopie des ARSB-Gens sein müssen, damit das Kind betroffen ist. Die Mutation führt zu einem Mangel an Arylsulfatase B, was die Ansammlung von GAGs in den Zellen verursacht.
Epidemiologie
MPS VI ist eine seltene Erkrankung, die weltweit auftritt. Die genaue Häufigkeit ist schwer zu bestimmen, aber Schätzungen gehen von etwa 1 Fall pro 250.000 bis 600.000 Geburten aus. Die Krankheit betrifft Männer und Frauen gleichermaßen.
Pathophysiologie
Die Pathophysiologie von MPS VI beruht auf der Ansammlung von Glykosaminoglykanen in den Lysosomen, den "Recyclingzentren" der Zellen. Diese Ansammlung führt zu einer Vergrößerung der Zellen und beeinträchtigt deren normale Funktion. Die betroffenen Gewebe und Organe können dadurch geschädigt werden, was zu den vielfältigen Symptomen der Krankheit führt.
Prävention
Da MPS VI genetisch bedingt ist, gibt es keine Möglichkeit, die Krankheit zu verhindern. Genetische Beratung kann jedoch Familien helfen, das Risiko einer Vererbung der Krankheit zu verstehen und informierte Entscheidungen zu treffen.
Zusammenfassung
Mukopolysaccharidose Typ 6 ist eine seltene, genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung, die durch einen Mangel an Arylsulfatase B verursacht wird. Die Krankheit führt zu einer Ansammlung von Glykosaminoglykanen, was eine Vielzahl von Symptomen hervorruft. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend für die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen.
Patientenhinweise
Für Patienten mit MPS VI ist es wichtig, regelmäßig medizinische Betreuung in Anspruch zu nehmen und die empfohlenen Behandlungen zu befolgen. Die Teilnahme an Selbsthilfegruppen kann ebenfalls hilfreich sein, um Unterstützung und Informationen zu erhalten. Es ist wichtig, sich über die Krankheit zu informieren und eng mit einem spezialisierten medizinischen Team zusammenzuarbeiten, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.
Quellen
- Kantaputra PN, Kayserili H, Guven Y, et al. Oral manifestations of 17 patients affected with mucopolysaccharidosis type VI. J Inherit Metab Dis. 2014; 37(2):263-268.
- Giugliani R, Harmatz P, Wraith JE. Management guidelines for mucopolysaccharidosis VI. Pediatrics. 2007; 120(2):405-418.
- Pineda M, O'Callaghan M, Fernandez Lopez A, Coll MJ, Ullot R, Garcia-Fructuoso G. Clinical Evolution After Enzyme Replacement Therapy in Twins with the Severe Form of Maroteaux-Lamy Syndrome. JIMD Rep. 2016; 30:7-14.
- Jurecka A, Golda A, Opoka-Winiarska V, Piotrowska E, Tylki-Szymanska A. Mucopolysaccharidosis type VI (Maroteaux-Lamy syndrome) with a predominantly cardiac phenotype. Mol Genet Metab. 2011; 104(4):695-699.
- Thümler A, Miebach E, Lampe C, et al. Clinical characteristics of adults with slowly progressing mucopolysaccharidosis VI: a case series. J Inherit Metab Dis. 2012; 35(6):1071-1079.
- Harmatz P, Shediac R. Mucopolysaccharidosis VI: pathophysiology, diagnosis and treatment. Front Biosci (Landmark Ed). 2017; 22:385-406.
- Valayannopoulos V, Nicely H, Harmatz P, Turbeville S. Mucopolysaccharidosis VI. Orphanet J Rare Dis. 2010; 5:5.
- Ittiwut C, Boonbuamas S, Srichomthong C, Ittiwut R, Suphapeetiporn K, Shotelersuk V. Novel Mutations, Including a Large Deletion in the ARSB Gene, Causing Mucopolysaccharidosis Type VI. Genet Test Mol Biomarkers. 2017; 21(1):58-62.
- Vairo F, Federhen A, Baldo G, et al. Diagnostic and treatment strategies in mucopolysaccharidosis VI. Appl Clin Genet. 2015; 8:245-255.
- Borlot F, Arantes PR, Quaio CR, et al. New insights in mucopolysaccharidosis type VI: neurological perspective. Brain Dev. 2014; 36(7):585-592.