Symptome
In der ophthalmologischen Untersuchung eines OP-Patienten lassen sich abnorme Augenbewegungen feststellen, wenn der Blick in eine bestimmte Richtung gelenkt werden soll. Dabei gilt grundsätzlich das Prinzip, dass die Paralyse eines Muskels zur Dominanz des Antagonisten führt, sodass die durch den Antagonisten hervorgerufene Bewegung überwiegt. Anhand des Musters abnormer Augenbewegungen kann dann eine Liste von Differentialdiagnosen erstellt werden.
Beispielhaft sollen hier die Befunde dargestellt werden, die bei einer OP durch Hirnnervenschädigung erhoben werden können [1]:
- Der Nervus oculomotorius (III) innerviert den M. rectus superior, M. rectus inferior, M. rectus medialis und M. obliquus inferior. Ein Ausfall des III. Hirnnerven geht daher mit einer Bewegung des ipsilateralen Auges nach unten und außen einher, was sich durch die Dominanz des M. obliquus superior und M. rectus lateralis erklären lässt. Auch der M. sphincter pupillae und der M. levator palpebrae werden von diesem Hirnnerv innerviert, weshalb die Lähmung dieses Nervs weiterhin zu Mydriasis und Ptosis führt.
- Der Nervus trochlearis (IV) innerviert den M. obliquus superior, sodass eine isolierte Läsion dieses Hirnnerven bei Dominanz des M. obliquus inferior dazu führt, dass das betroffene Auge bei Adduktion und Blick nach unten nur unzureichend bewegt werden kann.
- Der Nervus abducens (VI) innerviert den M. rectus lateralis, weshalb eine Paralyse dieses Nervs die Bewegung des Auges nach außen einschränkt.
Betroffene klagen oft über Sehstörungen, vor allem über Diplopie. Doppelbilder werden dabei nur dann wahrgenommen, wenn in bestimmte Richtungen geblickt wird. Um dies zu kompensieren, wird zuweilen die Kopfhaltung angepasst, was als Torticollis opticus bezeichnet wird [2] [3].
Diagnostik
Eine OP wird anhand des klinischen Bildes diagnostiziert. Weitere Maßnahmen sind jedoch einzuleiten, um die OP einer Grunderkrankung zuzuordnen. Richtungsweisend sind hier demographische Angaben, Informationen zur Erstmanifestation und zum Krankheitsverlauf sowie zusätzliche Beschwerden, die nicht durch eine Paralyse der Augenmuskulatur erklärt werden können.
Differentialdiagnostisch sind folgende Ätiologien zu berücksichtigen:
- Raumfordernde Läsionen wie ein Hirntumor oder ein zerebrales Aneurysma können ebenso zu neurologischen Defiziten führen wie Infektionen und Entzündungen [4], ein Hirninfarkt oder ein erhöhter intrakranieller Druck.
- Seltener sind Myopathien oder systemische Leiden der Auslöser einer OP. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise an multiple Sklerose [5] Myasthenia gravis oder Diabetes mellitus [6] zu denken. In solchen Fällen bestehen neben der OP meist noch weitere Symptome, die auf die Grunderkrankung hinweisen.
- Eine angeborene OP kann Missbildungen [7] oder hereditäre Erkrankungen wie eine kongenitale Muskeldystrophie [8] anzeigen, wobei letztere auch andere Muskelgruppen betreffen. Das gilt ebenso für Mutationen der mitochondrialen DNA [9], die häufig mit einer Myopathie einhergehen.
Entsprechend werden weiterführende Studien eingeleitet, zum Beispiel die Darstellung orbitaler Gewebe mittels Computertomographie [10] und des Gehirns mit Hilfe der Magnetresonanztomographie, die Untersuchung von Blut- und Liquorproben und molekulare Analysen zur Identifikation von Gendefekten.
Therapie
Die Behandlung der Ophthalmoplegie hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Mögliche Therapieansätze sind:
- Medikamentöse Behandlung zur Linderung von Entzündungen oder Infektionen
- Chirurgische Eingriffe zur Korrektur von Muskel- oder Nervenproblemen
- Augenpflaster oder Prismenbrillen zur Korrektur von Doppeltsehen
- Physiotherapie zur Stärkung der Augenmuskeln
In einigen Fällen kann sich die Ophthalmoplegie von selbst zurückbilden, insbesondere wenn sie durch eine vorübergehende Erkrankung verursacht wurde.
Prognose
Die Prognose bei Ophthalmoplegie variiert stark und hängt von der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung ab. Bei einigen Patienten kann es zu einer vollständigen Genesung kommen, während andere möglicherweise langfristige Beeinträchtigungen der Augenbewegungen erleben. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können die Chancen auf eine bessere Prognose erhöhen.
Ätiologie
Ophthalmoplegie kann durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden, darunter:
- Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Myasthenia gravis
- Traumatische Verletzungen des Kopfes oder der Augenhöhlen
- Infektionen wie Meningitis oder Enzephalitis
- Stoffwechselstörungen wie Diabetes
- Gefäßerkrankungen, die die Blutversorgung der Augenmuskeln beeinträchtigen
Epidemiologie
Die Häufigkeit von Ophthalmoplegie ist schwer zu bestimmen, da sie oft als Symptom anderer Erkrankungen auftritt. Sie kann in jedem Alter auftreten, ist jedoch häufiger bei Erwachsenen mit neurologischen oder vaskulären Erkrankungen.
Pathophysiologie
Die Pathophysiologie der Ophthalmoplegie umfasst die Beeinträchtigung der Nerven oder Muskeln, die für die Augenbewegungen verantwortlich sind. Dies kann durch Entzündungen, Durchblutungsstörungen oder direkte Schädigung der Nervenbahnen verursacht werden. Die genaue Mechanik hängt von der spezifischen Ursache der Erkrankung ab.
Prävention
Da Ophthalmoplegie oft ein Symptom anderer Erkrankungen ist, konzentriert sich die Prävention auf die Kontrolle dieser Grunderkrankungen. Dazu gehören:
- Regelmäßige Kontrolle und Behandlung von chronischen Erkrankungen wie Diabetes
- Schutz des Kopfes vor Verletzungen
- Impfungen zur Vorbeugung von Infektionen
- Gesunde Lebensweise zur Unterstützung der allgemeinen Gefäßgesundheit
Zusammenfassung
Ophthalmoplegie ist eine komplexe Erkrankung, die die Augenbewegungen beeinträchtigt und durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden kann. Eine genaue Diagnose und gezielte Behandlung sind entscheidend für die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Die Prognose hängt stark von der zugrunde liegenden Ursache und der rechtzeitigen Behandlung ab.
Patientenhinweise
Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, Symptome wie Doppeltsehen oder Schwierigkeiten bei der Augenbewegung bemerken, ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen. Eine frühzeitige Diagnose kann helfen, die Ursache zu identifizieren und geeignete Behandlungsmaßnahmen einzuleiten. Achten Sie auf regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen und befolgen Sie die Empfehlungen Ihres Arztes, um das Risiko von Komplikationen zu minimieren.
Quellen
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