Die Philadelphia-Chromosom-positive chronische myeloische Leukämie (Ph+CML) ist eine myeloproliferative Erkrankung und die häufigste Form der chronischen myeloischen Leukämie (CML): Bei mehr als 90% der CML-Patienten lässt sich eine reziproke Translokation von Sequenzabschnitten zwischen den Chromosomen 9 und 22 nachweisen, die im BCR-ABL-Fusionsgen resultiert. Deren Genprodukt ist eine konstitutiv aktive Tyrosinkinase, die Zellwachstum und -proliferation anregt. Die Ph+CML wird primär mit Tyrosinkinaseinhibitoren wie Imatinib oder Dasatinib behandelt.
Im Krankheitsverlauf werden drei Phasen unterschieden: die chronische Phase, die akzelerierte Phase und die Blastenkrise.
Die chronische Phase dauert oft über Jahre an und bei der Mehrzahl der Patienten wird die Diagnose in diesem Zeitraum gestellt [1]. Allerdings sind es meist Zufallsbefunde, die während einer routinemäßigen Blutuntersuchung erhoben werden, die auf das Vorliegen einer CML hinweisen: Im Blutbild zeigt sich eine Leukozytose mit einer Zellzahl >50*10^9/l, bei nur geringer Linksverschiebung. Mitunter wird auch eine Anämie festgestellt und wenn diese Beschwerden verursacht, dann klagen die Betroffenen über Schwäche, Müdigkeit und eine reduzierte Leistungsfähigkeit. Die Zahl der Thrombozyten mag erhöht oder vermindert sein, sodass die Patienten eine Thrombophilie oder eine hämorrhagische Diathese entwickeln. Die Neigung zur Thrombose kann durch die Leukozytose mit folgender Leukostase noch verstärkt werden, aber schwerwiegende Folgen wie Lungen-, Herz- oder Hirninfarkt werden nur selten beobachtet [2]. Bezüglich der Beteiligung extramedullärer Gewebe ist allein die Splenomegalie häufiger festzustellen. Eine Vergrößerung der Milz kann zu unspezifischen Symptomen wie Bauchschmerzen, Appetitverlust und vorzeitiger Sättigung führen. Hepatomegalie, Lymphadenopathie und eine Infiltration anderer Organe werden in der chronischen Phase der Ph+CML kaum beobachtet, treten aber bei Philadelphia-Chromosom-negativer CML häufiger auf [1].
Während der Transformation der CML zur Blastenkrise - mit oder ohne klarer Manifestation einer akzelerierten Phase - wird das klinische Bild deutlicher. Bei zunehmender Dominanz der mutierten Zellen über andere Prozesse im Knochenmark kommt es schließlich zur Knochenmarkinsuffizienz. Die Patienten zeigen dann Symptome einer Panzytopenie, sind schwach und müde, leiden an einer erhöhten Infektanfälligkeit und rekurrentem Fieber und neigen zu Blutungen [3] [4]. Gleichzeitig treten Knochenschmerzen auf, Arthralgien und Kopfschmerzen. Neben der bereits erwähnten Splenomegalie bestehen nun regelmäßig auch Hepatomegalie und Lymphadenopathie.
Das beschriebene klinische Bild lässt keinen sicheren Rückschluss auf die Ätiologie der Erkrankung zu, d.h. das Philadelphia-Chromosom muss mittels geeigneter Methoden dargestellt werden. Der Nachweis dieser chromosomalen Aberration ist gleichzeitig die Bestätigung der Diagnose CML, auf die zuvor in Untersuchungen von Blut- und Knochenmarkproben hingearbeitet wurde. Die Identifikation des Philadelphia-Chromosoms ersetzt jedoch nicht die detaillierte Charakterisierung der Tumorzellen, da es auch bei anderen Leukämien vorkommen kann, z.B. bei akuter lymphoblastischer Leukämie [5] und akuter myeloischer Leukämie [6].
Im Wesentlichen kommen drei Techniken zum Einsatz, um das Philadelphia-Chromosom bzw. Transkripte des BCR-ABL-Fusionsgens zu identifizieren: die klassische Zytogenetik, die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) und die Polymerase-Kettenreaktion mit reverser Transkriptase (RT-PCR) [7].
Weitere genetische Analysen sollten angeschlossen werden, um NPM1, cEBPa und FLT3-ITD-Mutationen zu identifizieren [10].