Symptome
Das Schnitzler-Syndrom (SchS) ist eine sehr selten auftretende Erkrankung, die wahrscheinlich auf eine monoklonale IgM-Gammopathie zurückzuführen ist [1] [2] [3] [4]. Obwohl die Pathogenese dieser Krankheit noch nicht vollständig verstanden ist, finden sich in der Literatur doch umfassende Beschreibungen des klinischen Bildes, das Betroffene präsentieren. Leitsymptom des SchS ist eine chronische Urtikaria [1] [2] [3]. Die Nesselsucht ist bei der überwiegenden Mehrzahl der SchS-Patienten festzustellen und kann bereits jahrelang bestehen, bevor sich zusätzliche Beschwerden einstellen. Neben dem Ausschlag zählen folgende Symptome als SchS-typisch:
- Fieber. Etwa 75% aller Betroffenen leiden an intermittierendem Fieber [1] [3] [5] [6]. Die Körpertemperatur steigt auf bis zu 39 °C, was auch zu Unwohlsein und allgemeiner Schwäche führt [7]. Zumeist sind die höchsten Temperaturen beim Einsetzen der Urtikaria zu messen, aber das Fieber mag dem Nesselausschlag auch vorausgehen [1] [2].
- Schmerzen. Myalgie, Arthralgie und Knochenschmerzen plagen die meisten Betroffenen und gehen mit Ermüdungserscheinungen einher [1] [3] [4].
- Lymphadenopathie. Etwa jeder zweite Patient leidet an einer Lymphadenopathie [1].
- Periphere Neuropathie. Unterschiedlichen Studien zufolge ist bei bis zur Hälfte aller SchS-Patienten eine periphere Neuropathie festzustellen [1] [3].
- Nachtschweiß und Gewichtsverlust, Hepatomegalie und Splenomegalie wurden in einigen Fällen mit dem SchS assoziiert [1] [2] [6].
Es ist zu beachten, dass ähnlich wie bei anderen monoklonalen Gammopathien auch beim SchS ein erhöhtes Risiko besteht, dass der Patient eine lymphoproliferative Erkrankung wie ein IgM-Myelom oder ein Marginalzonen-B-Zell-Lymphom entwickelt [1] [5].
Diagnostik
Meist besteht die Erkrankung schon über Jahre, bevor eine Diagnose gestellt wird [1] [5]. Diese Verzögerung in der Diagnosestellung ist primär der Tatsache geschuldet, dass das SchS wegen mangelnder Kenntnis der Erkrankung zu keinem früheren Zeitpunkt auf die Liste möglicher Differenzialdiagnosen gesetzt wird.
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung bedarf es zur Diagnosestellung eines gut begründeten Verdachts, der sich aus anamnestischen, klinischen und laboranalytischen Daten ergeben sollte [1].
- Im Gespräch mit dem Patienten ist in Erfahrung zu bringen, wann welche Symptome erstmals aufgetreten sind und wie sie sich entwickelt haben. Das SchS kennzeichnet sich durch chronische Urtikaria und intermittierendes Fieber, weshalb die Entwicklung von Hautausschlag und Körpertemperatur über die Zeit unbedingt zu erfragen sind.
- In der klinischen Untersuchung lassen sich die Angaben des Patienten zu seinen Beschwerden bestätigen.
- Das Blutbild der meisten SchS-Patienten offenbart Anämie, Leukozytose und Neutrophilie. Auch Anzeichen für ein entzündliches Geschehen können ausgemacht werden, im Wesentlichen eine erhöhte Erythrozytensedimentationsrate und eine hohe Konzentration an C-reaktivem Protein [1] [4]. Als spezifischer Hinweis auf das SchS gilt die Feststellung einer Paraproteinämie. Bei etwa 85% aller Betroffenen ist das Paraprotein vom IgM-Kappa-Leichtkettentyp, nur selten wird eine monoklonale IgG-Gammopathie diagnostiziert [2]. Es sei darauf hingewiesen, dass die Konzentration der monoklonalen Immunglobuline paradoxerweise sehr gering ausfallen kann [1] [2] [4] [5].
Die vorgenannten Befunde sollten zu einer Hautbiopsie veranlassen. Die histologische Untersuchung der so gewonnenen Probe lässt bei vielen SchS-Patienten neutrophile Infiltrate erkennen [6]. Um das SchS eindeutig von lymphoproliferativen Störungen zu unterscheiden, empfiehlt sich zuweilen auch eine Knochenmarkbiopsie.
Therapie
Die Behandlung des Schnitzler-Syndroms zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Häufig eingesetzte Therapien sind:
- Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR): Zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen.
- Kortikosteroide: Zur Kontrolle schwerer Entzündungen.
- Interleukin-1-Inhibitoren: Wie Anakinra, die sich als besonders wirksam erwiesen haben, um die Symptome zu kontrollieren.
Prognose
Die Prognose des Schnitzler-Syndroms variiert. Während die Erkrankung chronisch ist, können viele Patienten mit geeigneter Behandlung eine gute Lebensqualität erreichen. Unbehandelt kann die Krankheit jedoch zu Komplikationen wie Amyloidose führen, einer Erkrankung, bei der sich abnorme Proteine in Organen ablagern.
Ätiologie
Die genaue Ursache des Schnitzler-Syndroms ist unbekannt. Es wird als autoinflammatorische Erkrankung betrachtet, was bedeutet, dass das Immunsystem ohne erkennbare Infektion oder Autoimmunreaktion aktiviert wird. Genetische Faktoren könnten eine Rolle spielen, aber bisher wurden keine spezifischen genetischen Marker identifiziert.
Epidemiologie
Das Schnitzler-Syndrom ist extrem selten, und die genaue Prävalenz ist unbekannt. Es wird häufiger bei Erwachsenen mittleren Alters diagnostiziert, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung kann es oft Jahre dauern, bis eine korrekte Diagnose gestellt wird.
Pathophysiologie
Die Pathophysiologie des Schnitzler-Syndroms ist nicht vollständig verstanden. Es wird angenommen, dass eine Fehlregulation des Immunsystems, insbesondere der Interleukin-1-Signalweg, eine zentrale Rolle spielt. Diese Fehlregulation führt zu den charakteristischen Entzündungsreaktionen und Symptomen der Erkrankung.
Prävention
Da die genaue Ursache des Schnitzler-Syndroms unbekannt ist, gibt es keine spezifischen Maßnahmen zur Prävention. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Zusammenfassung
Das Schnitzler-Syndrom ist eine seltene, chronisch-entzündliche Erkrankung, die durch Fieber, Hautausschläge und Gelenkschmerzen gekennzeichnet ist. Die Diagnose erfordert eine sorgfältige klinische Bewertung und den Ausschluss anderer Erkrankungen. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu kontrollieren und die Lebensqualität zu verbessern, wobei Interleukin-1-Inhibitoren eine Schlüsselrolle spielen.
Patientenhinweise
Patienten mit Schnitzler-Syndrom sollten regelmäßig von einem spezialisierten Arzt betreut werden, um die Symptome zu überwachen und die Behandlung anzupassen. Es ist wichtig, die Symptome und mögliche Auslöser zu dokumentieren, um die Therapie zu optimieren. Der Austausch mit anderen Betroffenen und Selbsthilfegruppen kann ebenfalls hilfreich sein, um mit der Erkrankung umzugehen.
Quellen
- Jain T, Offord CP, Kyle RA, Dingli D. Schnitzler syndrome: an under-diagnosed clinical entity. Haematologica. 2013; 98(10):1581-1585.
- de Koning HD. Schnitzler's syndrome: lessons from 281 cases. Clin Transl Allergy. 2014; 4:41.
- Lipsker D. The Schnitzler syndrome. Orphanet J Rare Dis. 2010; 5:38.
- Simon A, Asli B, Braun-Falco M, et al. Schnitzler's syndrome: diagnosis, treatment, and follow-up. Allergy. 2013; 68(5):562-568.
- Kurian A, Lee JK, Vadas P. Schnitzler syndrome with cold-induced urticaria. J Dermatol Case Rep. 2010; 4(4):50-53.
- Sokumbi O, Drage LA, Peters MS. Clinical and histopathologic review of Schnitzler syndrome: the Mayo Clinic experience (1972-2011). J Am Acad Dermatol. 2012; 67(6):1289-1295.
- Gouveia AI, Micaelo M, Pierdomenico F, Freitas JP. Schnitzler Syndrome: A Dramatic Response to Anakinra. Dermatol Ther (Heidelb). 2016; 6(2):299-302.