Symptome
Die Syringomyelie führt zu einer dissoziierten Sensibilitätsstörung auf Höhe der Läsion, hierbei ist die Schmerz- und Temperaturempfindung gestört, Druck, leichte Berührung, Vibration und Propriozeption sind nicht beeinträchtigt. Starke, tiefe, brennende oder dumpfe Schmerzen treten häufig im Bereich von Schulter, Kopf, Nacken, Rumpf und Armen auf. Schäden an den unteren Motorneuronen verursachen diffuse Muskelatrophie. Durch Störung des autonomen Nervensytems kommt es unter anderem zu Störungen der Darm- und Blasenfunktion, Ulzera, Ödeme und Hyperhidrose. Synringobulbie bezeichnet eine Beteiligung der Medulla oblongata, gekennzeichnet durch Schwindel, Nystagmus, Schwäche und Atrophie der Zunge und Dysarthrie.
Diagnostik
Eine ausführliche Anamnese und neurologische Untersuchung sind bei der Diagnose von Syringomyelie von größter Bedeutung. Die folgenden bildgebenden Verfahren werden in der Diagnosestellung angewandt [6]:
- Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist die Methode der Wahl. Die Untersuchung dient der Darstellung der Syrinx, sowie der Ursachensuche. Der gesamte Spinalkanal sollte abgebildet, und die Untersuchung ohne und mit Kontrastmittel durchgeführt werden. Zur differenzierten Beurteilung einer Syringomyelie ist auch die Anfertigung flusssensitiver Sequenzen nötig.
- Röntgenaufnahmen und Computertomographie (CT) dienen der Untersuchung der knöchernen Strukturen.
Therapie
Abhängig von der Ursache, kann eine asymptomatische Syringomyelie oft mit konstanter Überwachung und konservativer Therapie behandelt werden, in ausgeprägten, symptomatischen Fällen wird ein operativer Eingriff nötig. Die Identifizierung der zugrunde liegenden Ursache ist von größter Bedeutung, um die Therapie zu optimieren. Die konservative Behandlung umfasst Analgetika, Antiepileptika, Ergotherapie und physikalische Therapie. Folgende chirurgische Ansätze wurden beschrieben:
- Subokzipitale und zervikale Dekompression [7]
- Dekompressive Laminektomie und Syringotomie
- Syringoperitoneale und syringopleurale Shuntanlagen
- Adhäsiolyse
- Terminale Ventrikulostomie
- Aspiration der Syrinx
Nach bildmorphologischen Kriterien ist ein chirurgischer Erfolg gegeben, wenn sich die Syrinx in ihrer Größenausdehnung teilweise zurückbildet. Eine vollständige Normalisierung ist meist nicht zu erreichen und auch nicht zu erwarten. Regelmäßige Verlaufskontrollen vor allem kernspintomografisch sind erforderlich, um Rezidive frühzeitig zu erkennen.
Prognose
Die Intensität und das Ausmaß der Symptome sind nicht direkt abhängig von der Größe der Syringomyelie. Bei nicht-progressiven, asymptomatischen Fällen kann ein milder klinischer Verlauf erwartet werden. Häufig kann jedoch progressiver Verlust der motorischen und sensorischen Funktionen der Extremitäten beobachtet werden. Auch schwere Verläufe mit ausgeprägter Symptomatik sind möglich. Die chirurgische Therapie und die zugrundeliegende Ursache können erhebliche Auswirkungen auf die Prognose und den Verlauf der Erkrankung haben [5].
Ätiologie
Eine Syringomyelie kann kongenital oder erworben sein [1]. Angeborene Formen sind häufig und in etwa 50% assoziiert mit Fehlbildungen wie Arnold-Chiari-Syndrom, Platybasie und Klippel-Feil-Syndrom. Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, die zu der Entwicklung von Syringomyelie führen können, darunter:
- Intramedulläre Neoplasien
- Tumore der hinteren Schädelgrube
- Meningeosis neoplastica
- Trauma
- Infektion (Meningitis, Arachnoiditis, etc.)
- Ischämie
- Bestrahlung
- Zysten
- Skoliose
- Bandscheibenprolaps
- Verklebungen der Arachnoidea
In etwa 20 bis 30 % der Fälle kann keine Ursache gefunden werden, dies wird als idiopathische Syringomyelie bezeichnet.
Epidemiologie
Die Prävalenz der Syringomyelie ist relativ niedrig und wird auf etwa 84 Fälle pro Million Einwohner geschätzt. In Japan wurden nur 19 Fälle pro Million Einwohner beschrieben. Meist tritt die Erkrankung im dritten und vierten Lebensjahrzehnt auf, kindliche Fälle wurden beschrieben.
Pathophysiologie
Die genaue Pathophysiologie der Syringomyelie ist unbekannt. Allerdings gibt es verschiedene Theorien zu ihrer Entstehung:
- Die hydrodynamische Theorie von Gardner besagt, dass die Syrinx durch Fortleitung von Druckwellen des Liquors in den zentralen Kanal des Rückenmarks bei Blockade des Foramen Magendie entsteht [2].
- Es kommt zu Zunahme des extra- und intramedullären Druckgradienten bei Eineingung des Foramen magnum aufgrund beispielsweise Arnold-Chiari-Malformation [3].
- Die Abwärtsbewegung der Kleinhirntonsillen während der Systole führt zu einer Druckwelle, die die Läsion bedingt [4].
Prävention
Schweres Heben und bestimmte andere Aktivitäten sollten nach einer Diagnose der Syringomyelie vermeiden werden. Adäquate physikalische Therapie und Schmerztherapie kann die Schmerzsymptome signifikant reduzieren [8].
Zusammenfassung
Syringomyelie ist eine erworbene oder angeborene Krankheit, die durch Entwicklung eines flüssigkeitsgefüllten Hohlraumes, einer "Syrinx", im Rückenmark charakterisiert ist. Kleine Läsionen können asymptomatisch sein, besonders bei langsamer Progression. Typische Symptome der Erkrankung sind jedoch dissoziierte Sensibilitätsstörungen auf Höhe der Läsion, Schmerzen, trophische und vegetative Störungen. Da eine Behinderung der Liquorpulsation ursächlich für die Syringomyelie ist, ist eine mögliche Therapie die operative Beseitigung dieser Ursache. Auch wenn die Syringomyelie nicht direkt operiert wird, wird diese kleiner, wenn die Ursache erfolgreich beseitigt wurde. Es gilt hinsichtlich des Risikos des chirurgischen Eingriffs abzuwägen, ob eine mögliche Operation notwendig ist oder ob abgewartet und nicht operiert wird. Bei einem Teil der Patienten kann trotz aller diagnostischen Möglichkeiten keine Ursache der Erkrankung gefunden werden; hier ist nur im Ausnahmefall eine Operation sinnvoll und konservative Therapiemöglichkeiten, z.B. physikalische Therapie oder Medikamente aus der antiepileptischen Stoffgruppe, zu empfehlen.
Patientenhinweise
Syringomyelie ist die Entwicklung einer flüssigkeitsgefüllten Höhle, genannt Syrinx, innerhalb des Rückenmarks. Die häufigste Ursache von Syringomyelie ist eine Anomalie des Gehirns (Chiari-Malformation), andere mögliche Ursachen sind Tumoren, Verletzungen und Entzündungen. Häufige Symptome sind Schmerzen, Missempfindungen, Schwäche und Steifheit. Wenn die Erkrankung keine schweren Symptome verursacht, ist engmaschige Überwachung und konservative Behandlung (Schmerz- und Physiotherapie), abhängig von der Ursache, ausreichend. In ausgeprägteren Fällen wird eine Operation erforderlich.
Quellen
- Lin JW, Lin MS, Lin CM, Tseng CH, Tsai SH, Kan IH. Idiopathic syringomyelia: case report and review of the literature. Acta Neurochir Suppl. 2006;99:117-20.
- Gardner WJ. Hydrodynamic mechanism of syringomyelia: its relationship to myelocele. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 1965 Jun. 28:247-59.
- Williams B. Progress in syringomyelia. Neurol Res. 1986 Sep. 8(3):130-45.
- Oldfield EH, Muraszko K, Shawker TH, Patronas NJ. Pathophysiology of syringomyelia associated with Chiari I malformation of the cerebellar tonsils. Implications for diagnosis and treatment. J Neurosurg. 1994 Jan. 80(1):3-15.
- Williams B. Progress in syringomyelia. Neurol Res. Sep 1986;8(3):130-45
- Gruber DP, Crone KR. Neuroendoscopy. In: Grossman RG, Loftus CM, eds. Principles of Neurosurgery. 2nd ed. Philadelphia: Lippincott-Raven; 1998:757-62
- Prat R, Galeano I. Pain improvement in patients with syringomyelia and Chiari I malformation treated with suboccipital decompression and tonsillar coagulation. J Clin Neurosci. Apr 2009;16(4):531-4.
- Greitz D. Unraveling the riddle of syringomyelia. Neurosurg Rev. Oct 2006;29(4):251-63; discussion 264